Leseverständnis ist eine grundlegende Kompetenz, die ein Grundschüler*in erwerben muss und für alle Fächer von großer Bedeutung. Eine gut verlaufene Lesekompetenzentwicklung ist somit entscheidend für die Bildungslaufbahn unserer Kinder.
Doch wie ist es um die Leseleistung unserer Kinder und Jugendlichen bestellt?
„Die gute Nachricht ist, dass der Großteil der Jugendlichen in Deutschland hohe Lesekompetenzen hat – eingeschlossen die Fähigkeit, relevante Informationen im Internet zu finden und zu bewerten.“ Dieses positive Fazit zieht Prof. Kristina Reiss vom Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der Technischen Universität München (TUM), die den deutschen Teil der PISA-Studie leitete, in der Pressemeldung zur PISA-Studie 2018. Die schlechte Nachricht der Studie lautet jedoch, „dass ein Fünftel der 15-Jährigen kaum in der Lage ist, den Sinn von Texten zu erfassen und zu reflektieren. Aus diesem Ergebnis sollten Konsequenzen gezogen werden. Die Bildungsforschung zeigt, dass es besonders wirksam ist, Kinder von der Vorschule bis zum Ende der Schulzeit lückenlos beim Lesen zu fördern. Das geschieht bislang trotz aller Anstrengungen wohl immer noch zu wenig.“
Aus meiner Praxis zeigt sich, meist zum Ende der zweiten Klasse, spätestens zum dritten Schuljahr fällt einigen Eltern auf: Mein Kind tut sich schwer, einen Text zu lesen und die Fragen dazu beantworten. Muss ich mir Sorgen machen? Oder kommt das noch?
Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig zu verstehen, wie Leseverständnis überhaupt geschieht. Welche Voraussetzungen brauchen Kinder, um Sinn aus Gelesenen zu ziehen.
Und dann erst, was brauche ich für gelingendes Textverständnis.
Viele der Entwicklungsmodelle, die sich mit dem Leseerwerb bis zum Ende der Grundschulzeit beschäftigen, bauen den Erwerb chronologisch auf: zunächst der Erwerb der phonologischen Bewusstheit (also das Erlernen der Anlaute oder aus Lauten ein Wort zu bilden), dann Leseflüssigkeit bis schließlich Leseverständnis geschieht. Weitere Faktoren sind Wortschatz, Arbeitsgedächtnis, Benennungsgeschwindigkeit, Intelligenz, Hörverstehen und spezifisches Vorwissen, das die Kinder einbringen können.
Wenn dann das Lesen schon gut klappt, also automatisiert ist, brauchen Kinder Strategien, um sich Texten zu nähern, den Inhalt zu verstehen und diesen dann wiedergeben zu können.
So genannte Lesestrategien müssen von den Kindern zunächst erlernt werden, eingeübt und gefestigt werden. Zudem brauchen die Kinder das Wissen, wann und wie diese einzusetzen sind.
Aber mein Kind hat eine Lese-Rechtschreibschwäche! Was läuft hier anders?
Zunächst einmal, das Leseverständnis wird genauso aufgebaut. Hier ist jetzt jedoch entscheidend, an welchem Prozess des Leseerwerbs das Kind angekommen ist. Sind
die Lesegenauigkeit und die Lesegeschwindigkeit noch nicht genügend aufgebaut, fällt es dem Kind ungleich schwerer, Sinn einem Text zu entnehmen.
Auch weitergehende Fördermaßnahmen hinsichtlich des Textverstehens können nur dann Erfolg versprechen, wenn das Erlesen einzelner Wörter nicht mehr mit viel
Anstrengung verbunden ist.
Wichtig ist ebenso die emotionale Komponente: wenn ein Kind sich als „schlechten Leser“ oder „schlecht im Verstehen von Texten“ definiert, kann darauf folgend ein
Teufelskreis aus verstärkenden Vermeidungsstrategien entstehen: „Das kann ich nicht – also mache ich es auch nicht.“. In der integrativen Lerntherapie arbeite ich mit Kindern genau an der Stelle
im Leseprozess, an der sie stehen und ermögliche ihnen somit wieder neue Erfolgsmomente.
Also, wie kann ich mein Kind im Leseverständnis nun unterstützen?
- Grundlegende Leseprozesse müssen vorhanden sein (Lesegenauigkeit, Lesegeschwindigkeit), wenn nicht: zuerst hier ansetzen!
- Vorwissen des Kindes (z.B. über bestimmte Textsorten) erweitern
-
dazu ermuntern, gezielt Lesestrategien (z.B. Markieren, in eigenen Stichworten zusammenfassen, zuerst Gedanken zur Überschrift machen…)
einzusetzen.
Du bist nicht sicher, an welcher Stelle im Leseerwerb dein Kind steht?
Oder möchtest dein Kind im Prozess besser unterstützen?
Melde dich gerne bei mir. Zum Thema biete ich eine gezielte Elternberatung an, kann das Leseverständnis deines Kindes testen und einordnen und ganz neu biete ich mein Modul „Leseverständnis aufbauen“ online an. Schau doch mal vorbei.
Quellen/ zum Weiterlesen:
Munser-Kiefer, M. (2014). Leseförderung im Leseteam in der Grundschule: Eine Interventionsstudie zur Förderung von basaler Lesefertigkeit und (meta-)kognitiven Lesestrategien. Münster [u.a.]: Waxmann.
Philipp, M. (2015). Lesestrategien. Bedeutung, Formen und Vermittlung. Weinheim: Beltz Juventa.
Philipp, M., & Souvignier, E. (2016). Implementation von Lesefördermaßnahmen:
Perspektiven auf Gelingensbedingungen und Hindernisse. Münster: Waxmann Verlag.
Reiss, K.; Weis, M.; Klieme, E.; Köller, O. (Hrsg.) (2019). PISA 2018 - Grundbildung im internationalen Vergleich. Münster/ New York: Waxmann, Online unter:
https://www.pisa.tum.de/fileadmin/w00bgi/www/Berichtsbaende_und_Zusammenfassungungen/PISA_2018_Berichtsband_online.pdf , Zugriff: 04.03.2021/ Pressemeldung zur Studie, online unter:
https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35806/ , Zugriff: 04.03.2021
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